Kinderlähmung (Poliomyelitis)

Kinderlähmung, auch Poliomyelitis oder kurz Polio bezeichnet, ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung. Ausgelöst wird das Virus durch Poliomyelitis-Viren (drei Typen: Typ I, Typ II und Typ III). Das Poliovirus greift das zentrale Nervensystem an und kann zu Lähmungen führen, insbesondere in den Beinen. 

Die Krankheit kann schwerwiegend sein und in einigen Fällen lebensbedrohlich werden. Die Verbreitung von Polio wurde durch effektive Impfungen stark reduziert, dadurch ist die Krankheit heute nahezu ausgerottet. 

 

Wie wird das Poliovirus übertragen? 

Das Poliovirus kommt nur beim Menschen vor und wird über eine oral-fäkale Schmutz- und Schmierinfektionen (äußerst selten über Tröpfchen-Infektion) von Mensch zu Mensch übertragen. Das mit dem Stuhl ausgeschiedene Virus gelangt durch den Mund in den Körper, beispielsweise über die Hände, Gegenstände, Nahrungsmittel (z.B. Muscheln), entsprechenden Geschlechtsverkehr und Wasser. Schlechte hygienische Verhältnisse begünstigen die Ausbreitung von Infektionen. 

Die Virusausscheidung im Stuhl beginnt etwa 3 Tage nach der Infektion und kann bis zu 6 Wochen, in Einzelfällen bis zu Monaten und Jahren andauern. Eine Ansteckungsfähigkeit besteht, solange das Virus ausgeschieden wird. Zusätzlich ist zu beachten, dass Polio-Viren einige Monate in Abwässern überdauern können. 

Wichtige Schutzmaßnahme in Risikoländern ist daher nicht nur eine vorbeugende Impfung sondern auch die Einhaltung der wichtigsten Hygiene-Regeln. 

 

Wie verläuft die Krankheit inkl. Inkubationszeit?  

Polio ist eine Infektionskrankheit, die zu schwerer Invalidität führen oder gar tödlich enden kann. Eine ursächliche Behandlung der ausgebrochenen Krankheit gibt es nicht. Die Inkubationszeit beträgt 3 bis 35 Tage. 

In über 95% der Fälle verläuft die Infektion asymptomatisch und das körpereigene Immunsystem bildet neutralisierende Antikörper aus. 

Falls Poliomyelitis manifest ausbricht, verläuft die Krankheit in verschiedenen Phasen. Nach wenigen Tagenzeigen die Infizierten kurzzeitig unspezifische Krankheitszeichen wie Gastroenteritis, Fieber, Übelkeit, Halsschmerzen, Myalgien und Kopfschmerzen.  

Infiziert das Poliovirus Zellen des ZNS, kommt es entweder zu einer nichtparalytischen (2-4%) oder zu einer paralytischen (0,1-1%) Poliomyelitis.  

  • Nichtparalytische Poliomyelitis (aseptische Meningitis): Nach etwa 3-7 Tagen kommt es zu Fieber, Nackensteifigkeit, Rückenschmerzen und Muskelspasmen.  
  • Paralytische Poliomyelitis: Neben schweren Rücken-, Nacken- und Muskelschmerzen entwickeln die Patienten und Patientinnen bei dieser Verlaufsform Muskellähmungen. Häufig bessern sich die Symptome der aseptischen Meningitis zunächst, aber nach etwa 2-3 Tagen kommt es zu einem Fieberanstieg und dem Auftreten von Lähmungen. Typischerweise bilden sich die Lähmungen teilweise, aber nicht vollständig zurück.  

Jahre oder Jahrzehnte nach einer durchgemachten Erkrankung kann es zum sogenannten Post-Polio-Syndrom (PPS) kommen, einer Zunahme der Lähmung mit Muskelschwund.  

 

Wo ist die Kinderlähmung (Poliomyelitis) verbreitet?

Vor Einführung breiter Impfkampagnen waren Polioviren weltweit verbreitet. Dank der gezielten Anwendung der Schluckimpfung ist die Erkrankung mit ihren sichtbaren Folgen weitgehend aus unserem Alltagsleben verschwunden, und die WHO hat 2002 Europa und somit auch Deutschland als "poliofrei" erklärt. Dies heißt aber nicht, dass es hier keine Poliofälle mehr geben kann. 

Das Ziel der WHO, die Polio auszurotten, schien mit weltweit nur noch 33 gemeldeten Erkrankungen in 2018 nahezu erreicht. Jedoch gibt es nach wie vor Meldungen über Polioausbrüche wie zum Beispiel auf den Philippinen 2019. Trotzdem besteht weiterhin die berechtigte Hoffnung, dass die GPEI (Globale Polio-Eradikations-Initiative der WHO) ihr Eradikationsziel bis 2023 erreichen kann. Mittlerweile tritt Polio nur noch in Afghanistan und Pakistan endemisch auf. Eine der größten Gefahren ist, dass die Polioviren aus den Endemiegebieten in Länder reimportiert werden könnten, aus denen längere Zeit keine Infektionen mehr gemeldet wurden. Deshalb ist die Weiterführung der Polioimpfung in den bereits als poliofrei erklärten Ländern notwendig. 

 

Wie kann ich mich gegen Polio schützen?

Kaum eine Schutzimpfung hat sich so im Bewusstsein der Bevölkerung verankert wie die gegen Polio. Unter dem Slogan "Schluckimpfung ist süß - Kinderlähmung ist grausam" startete in den 60er Jahren eine Aufklärungs-Kampagne. 

Seit 1998 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut in Berlin anstelle der Schluckimpfung (OPV) eine Impfung zur Injektion (IPV) mit einem inaktivierten Impfstoff. Diese Impfung ist geeignet für Säuglinge ab dem vollendeten 2. Lebensmonat, aber auch für Jugendliche und Erwachsene. Für Kinder gibt es Kombinationsimpfstoffe, die zur Grundimmunisierung dreimal gegeben werden. Für Frühgeborene (Geburt vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche) sind es vier Impfungen. Um einen frühzeitigen Schutz in der jungen, besonders vulnerablen Säuglingsphase zu gewährleisten, ist es wichtig, alle Impfungen zeitgerecht durchzuführen, d.h. die Impfserie soll vor dem 1. Geburtstag abgeschlossen sein. Eine Auffrischimpfung erfolgt zwischen dem 9. und vollendeten 16. Lebensjahr, in der Regel mit dem Kombinationsstoff gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten und Polio. 

Personen, die eine komplette Grundimmunisierung und später mindestens eine Auffrischimpfung erhalten haben, gelten als vollständig immunisiert. Die STIKO empfiehlt eine Auffrischimpfung nach dem vollendeten 18. Lebensjahr nur noch bei bestimmten Risikogruppen (für Reisende in Länder mit Polio-Vorkommen, für Aussiedler und Migranten in Gemeinschaftsunterkünften und für Personen mit beruflicher Exposition z.B. im medizinischen Bereich) sowie bei unvollständiger Dokumentation der Grundimmunisierung. Personen ohne Nachweis einer Grundimmunisierung sollten bei einer geplanten Reise in Länder mit Infektionsrisiko (aktuell Afghanistan und Pakistan) vor Reisebeginn wenigstens zwei Impfungen gegen Polio erhalten. 

 

Für wen ist die Impfung empfohlen und ab welchem Alter darf ich mein Kind impfen lassen? 

Die Impfung ist empfohlen für: 

  • alle Säuglinge ab dem vollendeten 2. Lebensmonat 
  • Jugendliche im Alter von 9-16 Jahren 
  • alle Personen mit fehlender oder unvollständiger Grundimmunisierung 
  • alle Personen ohne einmalige Auffrischimpfung 
  • Reisende in Endemiegebiete 
  • Personal in Gemeinschaftsunterkünften sowie Bewohner mit Einreise aus Endemiegebieten 
  • medizinisches Personal und Laborpersonal mit Infektionsrisiko 

 

Die Grundimmunisierung umfasst: 

  • Für Säuglinge: 3 Impfungen 
  • Für Frühgeborene (Geburt vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche): 4 Impfungen 
  • Für Jugendliche und Erwachsene: 1 Impfung 

 

Muss die Impfung aufgefrischt werden? 

Zwischen dem 9. und vollendeten 16. Lebensjahr einmalige Auffrischimpfung für alle Personen, danach nur noch für Reisende in Risikogebiete und andere Risikogruppen (siehe oben), z.B. als Kombinationsimpfung gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten und Kinderlähmung. 

 

Welche Nebenwirkungen gibt es bei einer Impfung? 

Impfstoffe unterliegen in Europa sehr hohen Sicherheitsstandards und haben ein gutes Sicherheitsprofil, sie sind wirksam und gut verträglich. Impfreaktionen wie Rötung, Schwellung, Schmerz können auftreten, klingen aber in der Regel nach 1-3 Tagen vollständig ab. Selten/sehr selten sind unerwünschte Nebenwirkungen, welche auch schwerwiegend sein können. Mehr erfahren Sie hier.  

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